17. November 1795: Gründung der Bielefelder Gesellschaft Ressource

Andreas M. Vohwinkel, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld

Am 17. November 1795 versammelten sich acht Bielefelder Kaufleute in einem kleinen gemieteten Zimmer. Ihre Absicht an jenem Dienstag war jedoch nicht, eine lose Versammlung abzuhalten. Vielmehr intendierten sie – in Anlehnung an den seit Mai 1783 bestehenden Leinenhändler-Club im Meindersschen Fabrikengarten – die Gründung eines eigenen Vereins. So wurde an diesem Tag die Ressourcen-Gesellschaft ins Leben gerufen, die sich in den folgenden Jahrzehnten als wichtige Akteurin im gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben der Stadt etablieren sollte.

Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

Titelblatt einer Broschüre zum 100-jährigen Bestehen der Ressource, 1895 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Zeitgeschichtliche Sammlung, Nr. 4263,4)

Die Ressourcen-Gesellschaft, deren Gründung Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins des aufstrebenden Bürgertums war, war von ihren Gründervätern – es waren ausschließlich Männer zugelassen – als geschlossene Gesellschaft bürgerlicher Kreise konzipiert worden, wobei die Mehrheit der Mitglieder zunächst vor allem aus der Bielefelder Kaufmannschaft stammte. Über Neuaufnahmen entschieden die Mitglieder der Ressource mittels eines Ballotage bzw. Ballottement genannten Kugelungsverfahrens, bei dem jede Person anhand einer schwarzen oder weißen Kugel ihre Ablehnung oder Zustimmung zum Ausdruck brachte, wobei für eine erfolgreiche Mitgliedsaufnahme mindestens zwei Drittel der Abstimmenden zugestimmt haben mussten. Angesichts der hohen Eintrittsgelder und Jahresbeiträge des Vereins war ökonomischer Erfolg eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme eines Kandidaten in die Ressourcen-Gesellschaft, sodass deren Mitgliedschaft einem exklusiven Kreis der städtischen Oberschicht vorbehalten blieb – umso mehr, als 1853 angesichts der prekären Finanzlage des Vereins die Mitglieder zum Kauf teurer Gesellschaftsaktien verpflichtet wurden. Da bestimmte Veranstaltungen der Ressource jedoch auch für Nicht-Mitglieder offenstanden, ging der Wirkungskreis des Vereins von Anfang an über den exklusiven Kreis der Mitglieder hinaus.

Das 1829 eröffnete Gesellschaftshaus der Ressource an der Renteistraße 23/Ecke Altstädter Kirchstraße, um 1882 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1691-1)

Dennoch wurde der geschlossene Charakter der Ressourcen-Gesellschaft von den Verantwortlichen immer wieder betont – nicht zuletzt dadurch, dass die Vereinsaktivitäten nicht in öffentlichen oder gemieteten, sondern in einem 1797 von der Ressourcen-Gesellschaft erworbenen Haus am Niederwall stattfanden. Neben Billard und Kartenspielen sowie der Lektüre überregionaler Zeitungen bot der Verein seinen Mitgliedern dabei auch regelmäßig Mittag- und Abendessen in Form der „Speise-Gesellschaften“ an, bei denen das gesellige Beisammensein im Mittelpunkt stand. Nicht-Mitglieder wurden dagegen insbesondere zu den von der Ressource organisierten Konzerten und Bällen eingeladen, deren Erfolg schon bald zum Bau eines großen, von Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) entworfenen Konzert- und Ballsaals auf dem Grundstück an der Renteistraße/Ecke Altstädter Kirchstraße führte. In dem 1829 fertiggestellten Bau fanden neben Theateraufführungen und Bällen vor allem Konzerte statt, an denen oftmals andere Bielefelder Gesellschaften wie der Musikverein und die Liedertafel beteiligt waren. Selbst Star-Pianist Franz Liszt (1811-1886) spielte im November 1841 im Konzert- und Ballsaal der Ressourcen-Gesellschaft auf. Darüber hinaus diente der Saal als Veranstaltungsort für Festlichkeiten des Bielefelder Schützenvereins und der Freimaurerloge Armin zur Deutschen Treue.

Das Gesellschaftshaus der Ressource, um 1882. Der rechte Anbau entstand in den 1860er-Jahren. Beide Gebäude wurden 1889 abgerissen. (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1691-2)

Obwohl sich die Ressource an tagespolitischen Debatten nicht beteiligte, ging der Vormärz an ihr nicht spurlos vorüber. So kam es auf vereinsinternen Veranstaltungen immer wieder zu Konflikten zwischen den als außerordentliche Mitglieder fungierenden Offizieren des in Bielefeld stationierten 15. Infanterie-Regiments und Ressource-Mitgliedern aus dem liberalen Bürgertum. Als 1841 auf einem Schützenball der Ressourcen-Gesellschaft ein städtischer Beamter einen Offizier ohrfeigte, nachdem dieser ihn einen „Esel“ genannt hatte, verließen die Offiziere des Regiments geschlossen die Vereinslokalitäten. Bei der Jubiläumsfeier am 17. November 1845 wurde ein das Rauchverbot im Konzert- und Ballsaal missachtender Major durch Bürgermeister Friedrich Körner (1799-1854) – seines Zeichens seit 1835 Ressource-Mitglied – zurechtgewiesen, worauf sich der Major – mit Blick auf den ohne Halstuch erschienenen Gastwirt Christian Nasse (1813-1881) – abfällig über die Ressourcen-Gesellschaft äußerte.

Der Garten des Gesellschaftshauses der Ressource, um 1888 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1691-4)

Nasse, der kurz zuvor gemeinsam mit dem Buchhändler Julius Helmich (1816-1868) an die Direktion der Ressource den Antrag gestellt hatte, dass Offiziere das Vereinshaus nur waffenlos betreten dürften – was faktisch einem Ausschluss der Offiziere gleichgekommen wäre –, legte sich im Nachgang der Jubiläumsfeier mit der Vereinsdirektion an und wurde am 29. November 1845 aus der Ressourcen-Gesellschaft ballotiert. Bei der nachfolgenden Mitgliederabstimmung über die neuen Vereinsstatuten wurde das Verbot des Tragens von Waffen in den Vereinsräumlichkeiten – auch aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des Militärs – von einer Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder abgelehnt. Gegen acht Ressource-Mitglieder, die trotz ihres Rangs als Landwehroffiziere für das Waffenverbot gestimmt hatten, wurde ein Ehrengerichtsverfahren eingeleitet. 1846 traten Helmich und andere aus der Ressourcen-Gesellschaft aus und schlossen sich zum Teil der 1847 von Nasse und Rudolf Rempel (1815-1868) gegründeten Gesellschaft Eintracht an. Mit dem Scheitern der Revolution von 1848/49, dem Vereinsaustritt der Militärangehörigen und der Verlegung der Garnison von Bielefeld nach Herford fanden derlei politisch begründete Spannungen innerhalb der Ressource jedoch vorerst ihr Ende.

Zeichnungen des für das neue Vereinsgebäude entworfenen Maschinenhauses, Oktober 1890. Links unten ist ein Lageplan des Anfang 1891 eröffneten Gesellschaftshauses abgebildet. (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 108,5/Bauordnungsamt, Hausakten, Nr. 1402)

In der Folgezeit erwies sich die Ressourcen-Gesellschaft vor allem für die Vertreter des Wirtschaftsbürgertums als wichtiger institutioneller Rahmen für berufliches Handeln. So konnten in den Vereinslokalitäten gewerbliche Geschäfte informell besprochen werden sowie kaufmännische Konferenzen abgehalten werden. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die zwölf Leinenhändler, die am 5. November 1854 die Gründung der Ravensberger Spinnerei beschlossen, sich zu diesem Zweck in den Räumlichkeiten der Ressource trafen. Von den Gründervätern der Ravensberger Spinnerei waren ohnehin mehr als die Hälfte Mitglieder der Ressourcen-Gesellschaft. Im Gegensatz zu Kaufleuten aus den alteingesessenen Bielefelder Händlerfamilien, Vertretern des Bildungsbürgertums und politischen Amtsträgern wie Oberbürgermeister Ludwig Huber (1826-1905) hatten es die meist aus dem Handwerk stammenden, aufstrebenden Metallfabrikanten zunächst jedoch schwer, in die Ressource aufgenommen zu werden – ein Zustand, der sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ändern sollte. Akademische Qualifikationen blieben als Aufnahmekriterium jedoch wirkmächtig, wie das erfolgreiche Aufnahmeverfahren des nach Bielefeld zugezogenen August Oetker (1862-1918) im Frühjahr 1891 belegt.

Speisekarte zum Festessen anlässlich des 100-jährigen Bestehen der Ressource, 1895 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Zeitgeschichtliche Sammlung, Nr. 4263,4)

Ab den 1870er-Jahren wurde an den Räumlichkeiten der Ressource zunehmend Kritik geübt, die auch nach der im Herbst 1876 erfolgten Ergänzung einer „Dilettantenbühne“ für Laientheater nicht abebbte. Neben dem schlechten baulichen Zustand der Vereinsgebäude war es vor allem das in der zweiten Hälfte 19. Jahrhunderts signifikant gestiegene Repräsentationsbedürfnis der städtischen Oberschicht, welches die Forderungen nach einem neuen und repräsentativen Gebäude für die Ressourcen-Gesellschaft immer lauter werden ließ. Nachdem eine eigens eingesetzte Baukommission, zu der auch Ressource-Mitglied Oberbürgermeister Gerhard Bunnemann (1842-1925) gehörte, 1888 einen Neubau empfohlen hatte, entschied sich die Generalversammlung der Ressourcen-Gesellschaft im April 1889 für einen Entwurf der Architekten Gustav Huwendiek (1830-1892) und Gustav Reyscher (1853-1928). Das neue Vereinsgebäude konnte schließlich am 14. Januar 1891 eröffnet werden und prägte bis zu seiner Zerstörung beim Luftangriff vom 30. September 1944 das nördliche Areal des Niederwalls. Der Neubau umfasste mehrere Gesellschaftsräume sowie zwei Festsäle, die bei Festessen jeweils Platz für etwa 200 Personen und bei Tanzveranstaltungen jeweils Platz für bis zu 400 Personen boten. Allerdings erwies sich der große Saal wegen seiner schlechten Akustik für Konzerte als ungeeignet und wurde in der Folge umso mehr für Festmahle, Bälle und kleinere musikalische Darbietungen genutzt – so auch beim Stiftungsfest zum 100-jährigen Bestehen der Ressource im November 1895.

Erster Weltkrieg, Weimarer Republik und NS-Zeit

Einladung zur konstituierenden Sitzung des Kriegshilfsvereins des Regierungsbezirks Minden für den Kreis Osterode im Saal des „Vereins von 1795 (früher Ressource)“, Volkswacht v. 26.1.1916 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen, Nr. 39)

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde das Gesellschaftsleben der Ressource angesichts der stetig schlechter werdenden Versorgungslage schrittweise reduziert. Doch auch auf anderer Ebene stellte der Erste Weltkrieg für den Verein eine Zäsur dar: Inmitten der patriotisch aufgeheizten Stimmung der ersten Kriegsmonate entschied die Generalversammlung der Gesellschaft am 17. April 1915, den – eigentlich lateinische Wurzeln aufweisenden –  französischstämmigen und damit als unpatriotisch deutbaren Namen Ressource durch die Bezeichnung Verein von 1795 zu ersetzen. Nach Kriegsende versuchte der Verein, durch die Aufnahme zahlreicher neuer Mitglieder sowie eine Neugestaltung seiner Räumlichkeiten das gesellschaftsinterne Leben mit neuem Leben zu füllen. Nach einem Festboom zu Beginn der Weimarer Republik wurden die Veranstaltungen und Versammlungen der Ressource ab 1920 jedoch immer schlechter besucht, obwohl die Zahl der jährlichen Neuaufnahmen bis 1923 ein neues Höchstmaß erreichte. Um die Beschlussfähigkeit der Hauptversammlung der Gesellschaft, die im August 1920 den früheren Namen Ressource wiederangenommen hatte, zu gewährleisten, wurde in den folgenden Jahren eine Satzungsänderung vorgenommen, gemäß der die Hauptversammlung bereits bei Anwesenheit eines Zehntels der Ressource-Mitglieder beschlussfähig war.

Die Mitte der 1920er-Jahre erbauten Geschäfte am Niederwall 17 (Bismarckeck) mit dem sich links im Hintergrund anschließenden Gesellschaftshaus der Ressource, um 1927 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1691-20, Foto: Alfred von Groß)

Mit der Umstellung des Finanzverkehrs des Vereins auf Goldmark im September 1923 konnte die Ressource in Zeiten der Hyperinflation eine stabile finanzielle Basis schaffen, auf deren Grundlage 1924 der Bau eines zusätzlichen Wohn- und Geschäftshauses an der Renteistraße – des sogenannten Bismarckecks – in Auftrag gegeben werden konnte, dessen Errichtung jedoch mit immer weiter steigenden Kosten sowie Arbeiterstreiks einherging. Die Vermietung der neuen, unter der Adresse Niederwall 17 befindlichen Räumlichkeiten spülte wiederum nicht die seitens der Gesellschaft erhofften hohen Mieteinnahmen in die Vereinskasse, was die finanzielle Situation der Ressource, die 1929 den historischen Höchststand von 330 Mitgliedern erreichte, langfristig aber nicht beeinträchtigte. Gravierender war der anhaltend schlechte Besuch von Versammlungen und Veranstaltungen wie Stiftungsfesten und Karnevalsbällen, an dem auch die bis zum Ende der 1920er-Jahre abgeschlossene Neuausstattung der Vereinsräume nichts ändern konnte. Der Konkurrenz durch neue Möglichkeiten der Freizeitgestaltung – allen voran dem Kino – schien die Gesellschaft keine ernsthaften Alternativen entgegensetzen zu können. Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise zwang die Ressource schließlich zu einem Sparkurs, der weitere Investitionen vorerst ohnehin unmöglich machte.

Das Bismarckeck um 1935. Links das Gesellschaftshaus der Ressource, rechts das Alte Rathaus. (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1691-27)

Der Beginn der NS-Herrschaft im Januar 1933 hatte für den Verein zunächst keine spürbaren Folgen, da es sich bei ihm de facto um eine privatrechtliche Kapitalgesellschaft handelte und er dementsprechend von der nationalsozialistischen Gleichschaltung verschont blieb. In der Folgezeit wurden die Gesellschaftsräume jedoch wieder stärker von Angehörigen des Militärs frequentiert. So traten im April 1935 die Wehrmachtsoffiziere der neuen Bielefelder Garnison der Ressource als Mitglieder bei. Ob der im selben Monat erfolgte Rücktritt des 1932 in den Gesellschaftsvorstand gewählten ehemaligen Oberbürgermeisters Rudolf Stapenhorst (1865-1944) als Vorstandsvorsitzender und Vorstandsmitglied politisch motiviert war, bleibt jedoch unklar. Einen politischen Hintergrund hatte dagegen mit hoher Wahrscheinlichkeit der zeitgleiche Vereinsaustritt des jüdischen Kaufmanns Ernst Paderstein (1873-1942), der vermutlich von anderen Ressource-Mitgliedern, die um ein sichtbares Zugeständnis an die neuen Machthaber bemüht waren, zu diesem Schritt gedrängt worden war. Darüber hinaus trat der vereinsinterne Konflikt zwischen den alteingesessenen Gesellschaftsmitgliedern auf der einen und den seit 1933 hinzugekommenen und meist NS-ideologisch überzeugten Neumitgliedern auf der anderen Seite immer stärker zu Tage und führte im November 1936 zum kollektiven Rücktritt des Vereinsvorstands. Auf der am 27. November 1936 abgehaltenen Hauptversammlung wurden anschließend drei bewährte und vier neue Kräfte in den Gesellschaftsvorstand gewählt. Fast genau ein Jahr später erfuhr die Vereinssatzung eine drastische Veränderung: Die Kugelung wurde abgeschafft, stattdessen entschied nun der Vorstand über die Aufnahme neuer Mitglieder, die wiederum „arischer“ Abstammung im Sinne des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums sein mussten. Diese Anpassung an die nationalsozialistische Diktatur änderte jedoch nichts daran, dass die lokalen Vertreter und Gruppierungen des NS-Regimes ihre Feste bevorzugt in der Rudolf-Oetker-Halle oder im Horst-Wessel-Haus feierten und das Gesellschaftshaus der Ressource seinen Status als zentraler Treffpunkt der städtischen Eliten im Verlauf des „Dritten Reichs“ einbüßte.

Die Kriegsruine des Gesellschaftshauses der Ressource mit dem zerstörten Bismarckeck im Vordergrund, 1949 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1691-47, Foto: Liesel Hergeröder)

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wirkte sich zunächst nicht weiter negativ auf die Veranstaltungen des Vereins aus. Die Versammlungen wurden angesichts der eingezogenen oder bereits gefallenen Mitglieder jedoch immer weniger frequentiert und kamen nach Mai 1942 angesichts der ständigen Gefahr von Luftangriffen gänzlich zum Erliegen. Im August 1944 eröffnete NSDAP-Oberbürgermeister Fritz Budde (1895-1956) dem Gesellschaftsvorstand den Plan des Gauleiters, die Ressource mit der Eintracht unter dem Namen Haus der Wirtschaft zu vereinen. Mit dieser Gleichschaltung sollte eine Zwangsliquidierung verbunden sein, in deren Rahmen das Gesellschaftseigentum faktisch an die Partei gegangen wäre. Der Luftangriff vom 30. September 1944 vereitelte jedoch die zwecks Zustimmung zu dieser Selbstauflösung angesetzte Hauptversammlung des Vereins, sodass der Plan des Gauleiters bis Kriegsende nicht mehr in die Tat umgesetzt werden konnte.

Nachkriegsjahre

Gesellschaftshaus der Ressource und Bismarckeck kurz vor Räumung des Geländes, 1949 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-51-75a)

Da das Gesellschaftshaus zerstört war, fanden die ersten nach Ende des Zweiten Weltkriegs abgehaltenen Zusammenkünfte und Versammlungen der verbliebenen Mitglieder der Ressource in Privathäusern, Cafés oder Hotels statt. Direkt auf der ersten Hauptversammlung der Nachkriegszeit im Juni 1947 wurde die Wiedereinführung der Kugelung beschlossen, was eine Vielzahl an Mitgliederneuaufnahmen zur Folge hatte. Im April 1949 wurde darüber hinaus die Gesellschaftssatzung von 1928 wieder angenommen. Kurze Zeit später entschieden sich die Vereinsmitglieder allerdings gegen einen Wiederaufbau des Gebäudes an der Renteistraße 23/Ecke Altstädter Kirchstraße. Nichtsdestotrotz beging die Ressource 1950 ihr erstes großes Nachkriegsfest, das vor allem als Ersatz für das 1945 notgedrungen ausgefallene Fest zum 150-jährigen Bestehen des Vereins gedacht war. Hinzu kamen in den ersten Jahren der 1950er Veranstaltungen wie Tanzabende, Herrenessen, Maibowlen sowie Karnevals- und Weihnachtsbälle, die alle in den noch bzw. wieder vorhandenen Sälen Bielefelds abgehalten wurden.

Beginn der Räumung des Grundstücks Niederwall 17/Renteistraße 23 mit der Ruine des Gesellschaftshauses der Ressource, 1949 (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1691-48, Foto: Liesel Hergeröder)

Da dies aber nicht zu einem Dauerzustand werden sollte, beschloss die Hauptversammlung der Ressource am 25. Oktober 1951 zum einen den Verkauf des Grundstücks an der Renteistraße 23, zum anderen die Fusionierung des Vereins mit der Gesellschaft Eintracht sowie den Bau eines gemeinsamen Vereinshauses auf dem Grundstück der Eintracht am Klosterplatz. Trotz des gefassten Beschlusses führten die von einer Mitgliedergruppe um den späteren Oberbürgermeister Rudolf Nierhoff (1897-1988) getragenen Fusionspläne in den nachfolgenden Monaten zu heftigen vereinsinternen Spannungen, da insbesondere Erwin Delius (1886-1971) die Autonomie der Ressource um jeden Preis bewahren wollte und alternativ die Errichtung eines mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus an der Ulmenstraße (heute Niederwall)/Ecke Hermannstraße vorschlug. In dem Gebäude sollte der Verein ausschließlich im ersten Stockwerk untergebracht sein, wobei aus Gründen der Rentabilität weder ein großer Saal, noch eine gesellschaftseigene Gastronomie vorgesehen waren. Nachdem sein Plan auf der Hauptversammlung der Ressource im Mai 1952 keine Mehrheit gefunden hatte, trat Delius aus dem Vereinsvorstand zurück. Sein Vorstoß trug aber zumindest dazu bei, dass Ressource und Eintracht von einer Fusion absahen und im Oktober 1953 eine reine Föderation in Form einer GbR vertraglich besiegelten.

Das gemeinsame Gesellschaftshaus von Eintracht und Ressource am Klosterplatz 9, um 1960. Zum Zeitpunkt der Aufnahme befand sich in dem Gebäude unter anderem die Gaststätte „Insel“. (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 11-1196-41)

Nachdem das Grundstück an der Renteistraße 23 Ende 1953 an die Rhein-Ruhr-Bank verkauft worden war – ein lukratives Angebot der Karstadt AG, die mehr als zehn Jahre später eine Karstadt-Filiale an der Bahnhofstraße eröffnen sollte, hatte keine Mehrheit gefunden –, konnte mit dem Bau eines gemeinschaftlichen Gesellschaftshaus von Ressource und Eintracht am Klosterplatz begonnen werden. Der von dem Architekten Rudolf Crayen (1918-1983) entworfene und unter der Adresse Klosterplatz 9 befindliche Bau wurde schließlich am 13. Juni 1954 eröffnet, wobei das Gebäude im darauffolgenden Jahr noch um zwei angebaute Säle ergänzt wurde. In Vorbereitung auf die praktische Ausgestaltung der mit der Eintracht geschlossenen Föderation war die Gesellschaftssatzung der Ressource bereits in der Mitgliederhauptversammlung im April 1954 an die neuen Rahmenbedingungen angepasst worden. Zu den damit verbundenen Änderungen gehörte insbesondere die Abschaffung der Kugelung. Der mit der Föderation und dem neuen Gesellschaftshaus verbundenen Euphorie wich jedoch schnell Ernüchterung: So musste die von der Pfefferschen Buchhandlung organisierte und für den 5. November 1955 angesetzte Einweihung des neuen großen Saals aufgrund zu weniger Anmeldungen abgesagt werden. Trotz entsprechender Aufforderungen des Gesellschaftsvorstands wurden die neuen Vereinsräumlichkeiten und die dort abgehaltenen Veranstaltungen auch von den Ressource-Mitgliedern selber nicht im erwarteten Maße angenommen, zumal es gerade in den eigenen Reihen an abfälliger Kritik an dem neuen Gesellschaftshaus nicht mangelte. Die vor diesem Hintergrund prekäre finanzielle Situation des Vereins hatte 1956 den Rücktritt des gesamten Vorstands zur Folge.

Das aufgegebene Gesellschaftshaus am Klosterplatz 9, Oktober 1986. Im Juni 1989 wurde das leerstehende Gebäude schließlich abgerissen. (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 108,5/Bauordnungsamt, Hausakten, Nr. 2569)

Nach weiteren Krisen der Ressource, die neben der mangelnden Rentabilität des Vereinshauses am Klosterplatz vor allem auch mit den großen gesellschaftlichen Veränderungen der ersten Nachkriegsjahrzehnte zu kämpfen hatte – worauf unter anderem mit der Etablierung eines von 1958 bis 1969 existierenden Ressource-Jugend-Clubs (RJC) reagiert worden war –, beschloss die Hauptversammlung des nunmehr auf 96 Mitglieder zusammengeschrumpften Vereins am 2. Mai 1984 schließlich den Verkauf des Gesellschaftsgebäudes an die A.G.I.B., was mit einer Abwicklung der gemeinsamen GbR von Eintracht und Ressource einherging. Durch diese finanzielle Konsolidierung konnte sich der Verein von an nun ganz auf seine fortan an unterschiedlichen Lokalitäten stattfindenden Veranstaltungen konzentrieren, was sich sowohl auf die Mitgliederbeteiligung als auch auf die Mitgliederzahlen positiv auswirkte. So konnte die Ressource im November 1995 mit Zukunftsoptimismus auf eine wechselvolle 200-jährige Vereinsgeschichte zurückblicken.

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 108,5/Bauordnungsamt, Hausakten,
    • Nr. 1402: Renteistraße 23, 1881-1892
    • Nr. 1403: Renteistraße 23, 1927-1949
    • Nr. 2566: Klosterplatz 9, ohne Laufzeit
    • Nr. 2567: Klosterplatz 9, 1954-1977
    • Nr. 2568: Klosterplatz 9, 1975-1988
    • Nr. 2569: Klosterplatz 9, 1953-1989
    • Nr. 2570: Klosterplatz 9, 1984-1990
    • Nr. 3224: Altstädter Kirchstraße 9 (= Niederwall 17, Niederwall 10 nach Umnummerierung Renteistraße 23), Gesellschaft „Ressource“, Bismarckeck, 1923-1954
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 108,12/Vermessungs- und Katasteramt,
    • Nr. 214: Grundstück Renteistr. 21/23, Niederwall 17, Altstädter Kirchstr. 9, Schillerplatz 27; Ressourcen Gesellschaft, 1950-1954
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 210,71/Fotofachgeschäft Walkenhorst,
    • Nr. 287: Innenstadt, kriegszerstört, 1944-1950
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 270,57/MGV Arion Bielefeld gegründet 1859,
    • Nr. 60: Bielefelder Vereine, 1872, 1877-1898
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 300,7/Kleine Erwerbungen,
    • Nr. 5: Liederzettel zum 87. Stiftungsfest der Gesellschaft Ressource zu Bielefeld, 1882
    • Nr. 32: Neue Westfälische (Artikel vom 11.5.2015)
  • Stadtarchiv Bielefeld, Westermann-Sammlung,
    • Nr. 8: Bielefeld 1. Teil, 1876-1927
    • Nr. 10: Bielefeld 3. Teil; Städtischer Grundbesitz, Städtische Betriebswerke, 1901-1940
    • Nr. 113: Kultur- und Geistesgeschichte, 1964-1995
    • Nr. 148: Vereine, Geselligkeitsgruppen, 1954-1979
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen,
    • Nr. 39: Volkswacht, 1890-1930 (hier Anzeige v. 26.1.1916)
    • Nr. 41, Der Wächter, 1864-1902 (hier Anzeige v. 3.7.1868 u. 1.9.1881)
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung,
    • Nr. 11-51: Altstädter Kirchstraße, 1890-1988
    • Nr. 11-1196: Klosterplatz, 1870-1988
    • Nr. 11-1525: Niederwall bis 1945, 1890-1945
    • Nr. 11-1526: Niederwall seit 1946, 1947-1999
    • Nr. 11-1691: Renteistraße, 1880-1980
    • Nr. 1707: Ritterstraße, 1870-1980
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,6/Ansichtskarten,
    • Nr. 2154: Bielefeld. Bismarckeck und Niederwall, um 1925
    • Nr. 2241: Ressource Bielefeld. Gruß aus Bielefeld, 1910
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,8/Karten, Pläne und Plakate,
    • Nr. 1130: Gesellschaft Ressource, 1925
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Zeitgeschichtliche Sammlung,
    • Nr. 548: Festessen zur Geburtstagsfeier Seiner Majestät Kaiser Wilhelm II. in der Ressource zu Bielefeld, 1902
    • Nr. 4263,4: Gesellschaft Ressource, 1895
    • Nr. 4263,5: Gesellschaft Ressource, 1931-1932
    • Nr. 4263,6: Gesellschaft Ressource, 1871
    • Nr. 6040: Gesellschaft Ressource, 1871
    • Nr. 6041: Gesellschaft Ressource, 1871
    • Nr. 6411: Gesellschaft Ressource Bielefeld, 1877-1888
  • Stadtarchiv Bielefeld, Nr. 400,11/Graphische Sammlung,
    • Nr. 320: Gebäude der Gesellschaft Ressource an der Renteistraße Ecke Altstädter Kirchstraße, um 1900
    • Nr. 510: Julius Kluge: Zeichnungen IV, 1885-1889
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,13/Anstecknadeln, Medaillen, Plaketten und Orden,
    • Nr. 287: Gesellschaft Ressource Bielefeld, 1895
  • Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld, Adressbuch 1884, 1900/01, 1927/28 u. 1960.

Literatur

  • Annecke, Horst: Der Weinstammtisch Ressource, in: Gesellschaft Ressource Bielefeld (Hg.), 200 Jahre Gesellschaft Ressource. Zum Jubiläum 1995, Bielefeld 1995, S. 126-127.
  • Buchner, Jens: Geschichte der Gesellschaft Ressource von 1918 bis heute, in: Gesellschaft Ressource Bielefeld (Hg.), 200 Jahre Gesellschaft Ressource. Zum Jubiläum 1995, Bielefeld 1995, S. 56-125.
  • Delius, Erwin, Einhundertfünfzig Jahre Gesellschaft Ressource zu Bielefeld 1795 – 1950, Bielefeld 1950.
  • Nolden, Dieter, Vor 175 Jahren. Die Konzertreise Franz Liszts und sein Auftritt in Bielefeld, in: 101. Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg (2016), S. 71-102.
  • Gesellschaft Ressource Bielefeld (Hg.), 175 Jahre Ressource, Bielefeld 1970.
  • Gesellschaft Ressource Bielefeld (Hg.), 200 Jahre Gesellschaft Ressource. Zum Jubiläum 1995, Bielefeld 1995.
  • Minninger, Monika, Bielefelder in Nordamerika. Auswanderergeschichte(n) des 19. Jahrhunderts, Bielefeld 2009.
  • Ressourcen-Gesellschaft Bielefeld (Hg.), Statut der Gesellschaft „Ressource“ zu Bielefeld. Revidirt und neu festgestellt am 30. Sept. 1874, Bielefeld 1874.
  • Schindler, Wolfgang, Gründung und Gründer der Bielefelder „Gesellschaft Ressource“ im Jahr 1795, in: 106 Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg (2021), S. 49-72
  • Vogelsang, Reinhard, Geschichte der Stadt Bielefeld, Bd. 1: Von den Anfängen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, Bielefeld 19892.
  • Vogelsang, Reinhard, Geschichte der Stadt Bielefeld, Bd. 2: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, Bielefeld 20052.
  • Vogelsang, Reinhard, Geschichte der Stadt Bielefeld, Bd. 3: Von der Novemberrevolution 1918 bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, Bielefeld 2005.
  • Wagner, Bernd J., Von der Gründung bis zum Ende des Deutschen Kaiserreichs, in: Gesellschaft Ressource Bielefeld (Hg.), 200 Jahre Gesellschaft Ressource. Zum Jubiläum 1995, Bielefeld 1995, S. 6-55.

Erstveröffentlichung: 01.11.2025

Hinweis zur Zitation: Vohwinkel, Andreas Martin,  Gründung der Bielefelder Gesellschaft Ressource, https://historischer-rueckklick-bielefeld.com/2025/11/01/01112025, Bielefeld 2025

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