1. August 1914: Bielefeld und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs

• Dr. Jochen Rath, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek •

 

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Das Foto einer Gruppe vor einem Mobilmachungsplakat in Gadderbaum wirkt inszeniert; Foto: Ernst Lohöfener, 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 210,49/Foto Lohöfener, Nr. 3, Bild 192

Otto Zähler aus Gadderbaum schrieb im Februar 1916 eine private „Illustrierte Kriegschronik eines Daheimgebliebenen” nieder, die mit eigenen Fotos angereichert war und vor allem einen persönlichen Blick auf die Bielefelder Verhältnisse im Sommer 1914 zulässt. Als die Westfälische Zeitung am frühen Abend des 1. August 1914 die Mobilmachungs-Nachricht veröffentlichte, schrieb Zähler: „Alle gedrückte Stimmung, alle Sorge, aller Ernst wich einem frohen Ausdruck. Wie von einer grossen Last befreit atmete die Bürgerschaft auf. Die Gefahr schwebte nicht mehr über unserm Kopf, sondern sie stand vor uns. […] Die Erregung war eben eine zu grosse, standen wir doch vor der Tatsache, als Volk und Land für immer vernichtet zu werden, oder über diese Welt von Feinden die Oberhand zu behalten.”

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Am Alten Markt belagerten die Menschen die Redaktion des General-Anzeigers und warteten auf Eilmeldungen; Foto: Otto Zähler, 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 300,10/Militärgeschichtliche Sammlung, Nr. 299

Über Jahrzehnte hinweg und gelegentlich noch bis in die jüngste Zeit hinein haben Medien und – auch lokalgeschichtliche – Veröffentlichungen die Existenz einer verbreiteten Kriegsbegeisterung in Deutschland einschließlich Bielefelds 1914 behauptet. Gestützt auf Zeitzeugenerinnerungen, Tagebücher und jüngst auch Abiturprüfungsunterlagen etc., wird dieses inzwischen differenzierter gesehen. Auch wenn der letzte größere kriegerische Konflikt (1870/71) seinerzeit mehr als 40 Jahre zurücklag, musste doch – u. a. wegen der Erfahrungen aus den Kolonialkriegen – jeder wissen, was ein Krieg angesichts des Potentials der Konfliktparteien bedeuten musste: Tod und Trauer, Verwundung und Verstümmelung wohl in jeder Familie und Nachbarschaft. Insofern war es kaum eine echte Kriegseuphorie, sondern eher eine nationale Entschlossenheit und patriotische Begeisterung in der Hoffnung auf einen schnellen Feldzug und in der Überzeugung, einen unausweichlich, aber auf jeden Fall gerecht erscheinenden Krieg zu führen.

Otto Zähler beschreibt die Situation im Sommer 1914, als nach dem Attentat von Sarajewo permanent einlaufende Nachrichten über UItimaten und Vermittlungsversuche der europäischen Diplomatie die Bielefelder Bevölkerung verwirrten und erregten, nachdem sie das Schützenfest (25. bis 27. Juli 1914) schon mit „gemischten Gefühlen” gefeiert hatte. Das öffentliche Leben verlegte sich „von der Wohnung auf die Straße und zwar dort, wo man möglichst schnell und gut über alle Vorgänge unterrichtet wurde”. Menschenmengen umlagerten Telegrafenämter und Zeitungsredaktionen, um Eilnachrichten und Extrablätter zu ergattern. Der Bielefelder General-Anzeiger bestätigte um die Monatswende Juli/August die verhaltene Reaktion in der Bevölkerung. Am 1. August 1914 berichtet die Zeitung nach der Verkündung des Kriegszustands: „Von lauter, geräuschvoller Begeisterung war nicht viel zu merken. Jeder einzelne war sich des Ernstes der Stunde bewusst. […] Fast wie eine Erlösung hatte die Botschaft gewirkt, eine Erlösung aus quälenden Zweifeln und drückender Ungewissheit. Der Alpdruck war wenigstens gewichen, wenn auch nicht alle Zweifel beseitigt. […] Große Stunden sind es, die wir jetzt miterleben, Stunden voll fürchterlichen Ernstes, aber voll erhabener Weihe, in denen die deutsche Kraft […] sich wieder einmal sammelt, selbstbewußt und leidenschaftslos, einmütig in dem Gedanken, zum Segen des Vaterlandes alles zu opfern, komme, was kommen mag.” Und für den Mobilmachungstag hält der General-Anzeiger am 2. August 1914 fest: „Eine furchtbare Schwüle lastete am Sonntagabend über der Stadt. Dumpf und bleiern. Es lag etwas in der Luft. Ein gedrücktes Gefühl hatte einen jeden beschlichen. […] Keine Nachricht. Drückendes Schweigen. Die Ruhe vor dem Sturm … Mit einem Mal war es da, das Unabänderliche. Der Augenblick, in dem das Rad der Zeit still zu stehen schien. Es kam wie eine Erlösung, wie eine Befreiung von quälenden Zweifeln. […] Aber die Begeisterung ist nicht laut und geräuschvoll. Sie ist innerlicher, leuchtet aus den Blicken der Einzelnen entgegen. Darin liegt Kraft und Mut.”

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Wilhelm Wagner (1888-1942) beschrieb die Stimmungen in Bielefeld 1914. Mit dem Hilfskreuzer „Möve” nahm er 1916/17 am Handelskrieg teil; Foto: Ernst Lohöfener, 1911; Privatbesitz: Hans Wagner, Glashütten

Einer naheliegend erscheinenden Kritik, es könne sich bei den Zeitungsartikeln um eine offiziöse, bereits Zensur-gelenkte Berichterstattung handeln, mögen neben Zählers Zeilen auch die Bielefelder Passagen aus dem Tagebuch eines Wilhelm Wagner (1888-1942) aus dem online-Projekt „europeana 1914-1918” widersprechen (falls dieses und andere Tagebücher nicht wiederum nachträglich von Presseberichten beeinflusst sind): „Morgens alles ruhig. Es herrscht eine unheimliche Ruhe, man hört nichts, weiß nichts, lebt in einer unheimlichen Erwartung, bei der einem die Minuten zu Stunden werden. Man erwartet jeden Moment die Entscheidung. Meine Eltern, vor allem meine Mutter sind gefaßt. […] Mittags die Zeitung bringt nichts Neues, so daß eine kleine Beruhigung der Gemüter eintritt. Bis nachmittags um 6:00 Uhr die Entscheidung fiel: ´Ganz Deutschland mobilisiert´. Wie eine Erlösung wirkte die Bekanntmachung. Man war froh aus dieser unheimlichen Ungewißheit heraus gekommen zu sein, sodaß also die Nachricht die meisten Leute gefaßt und vorbereitet traf.”

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Bis in den August 1914 sollten Friedenskundgebungen der Sozialdemokratie stattfinden; Volkswacht v. 28. Juli 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen, Nr. 43

Nach exzessiver Kriegsbegeisterung klingt das alles nicht. Vielmehr fungierte die Mobilmachungs-Nachricht wie ein Ablassventil, das den Überdruck der Ungewissheit freisetzte, Klarheit über die neue, ernste Lage verschaffte und eine Kriegsentschlossenheit, aber keine -euphorie produzierte. Festzuhalten bleibt freilich, dass Zähler und Wagner nur die öffentliche Stimmung erfuhren und wiedergaben. Wie es in den Köpfen derer aussah, die den Straßen und den Plätzen fernblieben, konnten sie nicht beschreiben – und wollten es möglicherweise auch nicht. Die Ventilfunktion, die in Berlin in ein „Na endlich!” oder „Also doch!” mündete, bestätigt eine Schulchronik der 1. Bürgerschule (Osning-/Vogelruthschule) in Brackwede. Rektor Wilhelm Behrens beschreibt den Stimmungswandel von der Julikrise zur Mobilmachung, als zuerst mit Revolution in Brackwede gedroht wurde, falls es einen Krieg geben sollte, dann aber „am Tage der Mobilmachung sang man im sozialdemokratischen Lokale Vaterlandslieder! […] und erleichtert atmete alles auf, als am 1. August nachmittags 6 Uhr die Kunde von der befohlenen Mobilmachung hier bekannt wurde.”

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Ausgesprochen klar waren die Kriegserwartungen des Abiturienten Heinrich Thöne; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 150,14/Ratsgymnasium, Nr. 1069

Auch die wiederholt unterstellte Kriegsbegeisterung gerade der Absolventen des Notabiturs 1914 ist mindestens fraglich, ja eher patriotische Propaganda und Waffen-klirrendes Konstrukt („Langemarck-Mythos”!). Die Reifeprüfungsklausuren atmen keine Blutrünstigkeit, sondern offenbaren Patriotismus und vor allem einen klaren Blick für die militärischen Kräfteverhältnisse und drohenden Folgen. Im August 1914 legten zehn Ratsgymnasiasten das Notabitur ab. Die Aufgabe für die Deutschklausur am 6. August 1914 lautete kurz und einfach: „Die Gegenwart – eine ernste, aber schöne Zeit für Deutschland”. Der Prüfling Werner Bentrup erkannte drei Voraussetzungen für den Krieg: „erstens Geld, zweitens Geld und drittens wiederum Geld”. Heinrich Thöne verwies weitsichtig auf die Konsequenzen, die aus den Kriegserklärungen gegen Deutschland resultierten, und deutet eine Hybris der Kommandoebene an: „Hierdurch ist für uns die Lage sehr ernst geworden. Englands Flotte ist der unsrigen überlegen, wiewohl Deutsche Seeoffiziere im Ringen mit England siegreich zu bestehen glauben. Verbindet sich gar Englands Flotte mit der französischen – woran sich doch kaum zweifeln läßt – so ist die Aussicht auf Sieg sehr gering. Und sollten wir besiegt werden, so wird zweifellos Rußland, dieser slawische Staat, eine Großmachtstellung in Europa einnehmen. Deutschlands Größe wäre dahin, Elsaß-Lothringen gingen verloren, verloren die Deutschen Ostseeprovinzen, sein Handel läge danieder, ungeheure Kriegskosten müßten wir aufbringen.” Lehrer Hermann Tümpel kommentierte die Siegesskepsis mit einem großen Fragezeichen, ergänzte aber „Die sicher bevorstehenden Verluste fehlen”, womit er die Kriegstoten meinte. Als erster der Notabiturienten fiel Fritz Mangelsdorf am 7. Dezember 1914 in der Schlacht bei Limanowa-Lapanow in den Karpaten (heute Südpolen) als Angehöriger des Reserve-Infanterie-Regiments 218.

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Anzeige eines Bielefelder Orthopäden; Bielefelder General-Anzeiger v. 27. Juli 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen, Nr. 5

Der Krieg löste den Frieden ab. Eine im Juli gestartete Serie von sozialdemokratischen Friedenskundgebungen in Ostwestfalen sollte eigentlich bis in den August hinein andauern. Vor 7.000 Zuhörern hatte der Volkswacht-Redakteur Carl Severing (1875-1952) noch am 28. Juli 1914 in der Bielefelder „Centralhalle” die Folgen vor Augen geführt, wenn die europäischen Bündnissysteme griffen: „Millionen von Volksgenossen werden dann zur Schlachtbank geführt”. Gleichwohl gab es auch eklatante Fehleinschätzungen über Krisenentwicklung und Kriegstaktiken. Eine aus heutiger Perspektive groteske Anzeige eines Bielefelder Orthopäden vom 27. Juli 1914 offenbart den doppelten Irrglauben, dass sich der Krieg einerseits regional einhegen ließ (die erhoffte „Lokalisierung”) und andererseits als schneller und dynamischer Feldzug geführt werde – es wurde ein Welt-Stellungskrieg. Der Magistrat Bielefelds genehmigte dem Lehrer Dr. Heinrich Becker (1881-1972) sogar noch am 29. Juli 1914 eine Reisebeihilfe für einen Studienaufenthalt in Frankreich im August/September. Becker, der mit einer gebürtigen Französin verheiratet war und später Leiter des Kunsthauses wurde, reiste nicht: „Infolge der am 2/8 14 eingetreten Mobilmachung erledigt. z[u]. d[en]. A[kten].” War es Friedenshoffnung, Naivität oder bürokratische Routine oder eine Mischung all dessen?

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Vor dem Rathaus am Niederwall (damals Schillerplatz) fand ein patriotisches Konzert statt; Foto: Otto Zähler, 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 300,10/Militärgeschichtliche Sammlung, Nr. 299

Die Friedensdemonstrationen vom Juli wurden bald durch ein komplexes „Augusterlebnis” abgelöst, das verschiedenste Varianten einer nahezu uneingeschränkten Bereitwilligkeit prägten. Deshalb dürfte der Terminus „Entschlossenheit” die Situation zutreffender beschreiben als Euphorie, und wenn, dann war es eher eine allgemeine nationale und keine kriegerische. Echte Massen-Kriegsdemonstrationen mit chauvinistischem Charakter blieben auf wenige Großstädte beschränkt. Bielefelder Ansätze hierfür liefert allenfalls eine Veranstaltung vor dem Rathaus am Niederwall, als der „Posaunengeneral” Johannes Kuhlo (1856-1941) am 9. August 1914 ein Platzkonzert gab und eine Rede vor angeblich Tausenden Menschen (die Fotos vermitteln einen anderen Eindruck) hielt, „alle mit gleichen Empfindungen, gleichen Wünschen und gleichen Absichten. Jedenfalls eins der schönsten Bilder, die uns während der Mobilmachung zu Gesicht kamen.”, wie Zähler schreibt.

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Traueranzeige für Erika Buddeberg, die der Spionen-Hysterie zum Opfer fiel; Bielefelder General-Anzeiger v. 3. August 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen, Nr. 5

Die allgemeine Nervosität nahm bisweilen hysterische Züge an, konnte aber auch tragisch enden. Die zwölfjährige Erika Buddeberg aus Bielefeld wurde am 2. August 1914 in Kleinenberg im Kreis Paderborn erschossen. An einer Straßensperre postierte Angehörige des örtlichen Kriegervereins hatten im Auto der Familie russische Agenten vermutet und das tödliche Feuer eröffnet. Die verbreitete und auch von den Zeitungen geschürte Spionagefurcht („Spionitis”) griff ungehemmt um sich, so dass mancher, „der irgend ein etwas aussergewöhnliches Aussere[s] im Gesicht oder in der Tracht oder an der Sprache zur Schau trägt”, wie mehrfach beobachtet, Gefahr lief, „als Spion festgenommen zu werden […]. Selbst Diakonissen vom Mutterhause Sarepta sind als vermeintlich verkleidete französische Spione auf Bahnstationen verhaftet worden.”, kommentierte Otto Zähler. Auch er selbst bekam diese Nervosität zu spüren, als er ohne offiziellen Auftrag am 6. August 1914 die Durchfahrt eines Truppentransports des 10. Armeekorps aus Hannover an die Westfront fotografierte und verhaftet wurde. Erst aufgrund der Einlassungen von Bielefelder und Gadderbaumer Bürgern kam er wieder frei und nahm die „Sache mehr humoristisch als wie lebensgefährlich”. Eher kurios mutet an, dass in Bielefeld selbst das allzu französisch und damit unpatriotisch klingende „Grand Hotel Geist” am Hauptbahnhof zum „Bielefelder Hof” umbenannt wurde.

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Das Infanterie-Regiment 55 marschierte über den Jahnplatz zum Hauptbahnhof; Foto: unbekannt, 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 93-5-79

In den beiden ersten Kriegswochen wurde in Bielefeld mobil gemacht: Auf dem Kesselbrink musterten Militärbehörden Pferde und Kutschen, parallel sammelten sich die einberufenen Reservisten des Landsturms auf dem Neumarkt, freiwillige Erfrischungsdienste versorgten die Soldaten an den Sammelpunkten und am Hauptbahnhof. Die Garnison rückte ebenfalls aus – begleitet von Tausenden Zuschauern marschierte das II. Bataillon des Infanterie-Regiments 55 am 10. August 1914 über den Jahnplatz zum Hauptbahnhof, wo Oberbürgermeister Dr. Rudolf Stapenhorst (1865-1944) sie mit patriotischen Worten zur Westfront verabschiedete und sich das Offizierskorps dem Fotografen Ernst Lohöfener stellte. Am 12. August 1914 folgten vier Kompanien des Reserve-Infanterie-Regiments 15, das mit Kriegsbeginn aufgestellt worden war.

Zähler war vaterländisch begeistert: „Selten wird man eine grosse politische Unternehmung mit so viel Ruhe und Genauigkeit haben sich abspielen sehen, wie die Mobilmachung. […] Wie eine riesige Maschinerie, die man sich niemals hätte vorstellen können, weder in Grösse noch in der Genauigkeit ihrer Funktion, arbeitete unsere Heeresverwaltung. […] So rollte Zug um Zug, meist in Zeitabständen von 10 Minuten dem Westen zu.” Ausblicke auf das weitere Kriegsgeschehen liefert Zähler selten. Das bald einsetzende Massensterben, das sich in Todesanzeigen niederschlug, blendet er weitgehend aus, allein – allerdings harmlose – Fotos von Verwundeten aus dem Bethel-Lazarett und ein Kommentar zu den Landsturm-Reservisten am Neumarkt deuten die Kriegsfolgen an: „Viele bekannte Gesichter und mancher lieber Mitbürger, den wir hier zum letzten Mal gesehen haben.”

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Die zum Landsturm einberufenen Reservisten sammelten sich auf dem Neumarkt; Foto: Otto Zähler, 1914; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 300,10/Militärgeschichtliche Sammlung, Nr. 299

Der Anfang August 1914 ausgerufene Burgfriede war akzeptiert, aber nur begrenzt belastbar und haltbar. Auch unter dem Eindruck des gescheiterten deutschen Angriffs an der Marne am 9./10. September 1914, als aus dem dynamischen Bewegungskrieg ein zermürbender Stellungskrieg wurde und die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts” (George F. Kennan) ihren Lauf nahm, brachen noch im gleichen Monat die innenpolitischen Konflikte erneut auf. Der Burgfriede hatte sich als kurzer Scheinfriede erwiesen. Der Erste Weltkrieg sollte 2.350 Bielefeldern an den Fronten und in den Lazaretten das Leben kosten, aus dem damaligen Kreis Bielefeld fielen wahrscheinlich noch mehr. Und Otto Zähler? Das letzte Motiv seiner Chronik zeigt die Einweihung des „Eisernen Wehrmanns” auf dem Alten Markt in Bielefeld im September 1915. Kaum vier Jahre später, am 24. Juli 1919 wurde die Holzstatue, die der Sammlung von Kriegsspenden gedient hatte, auf die Sparrenburg versetzt. Am folgenden Tag wanderte Zähler mit seiner Familie nach Argentinien aus, wo sich seine Spur verliert.

 

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 101,12/Geschäftsstelle XII, Nr. 208: Spionagenachrichten, 1914-1919
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 150,14/Ratsgymnasium, Nr. 1069: Notreifeprüfung Gymnasium Herbst 1914, 1914
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 210,49/Foto Lohöfener, Nr. 3: Musteralbum „Alt-Bielefeld 2”, Bild 192: Gruppe vor einem Mobilmachungsplakat in Gadderbaum, 1914
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 300,10/Militärgeschichtliche Sammlung, Nr. 299: Otto Zähler, Illustrierte Kriegschronik eines Daheimgebliebenen, 1914-1915
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,1/Westermann-Sammlung, Nr. 23: Militärisches, 1838-1942
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen: Volkswacht
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 93-5-79: Infanterie-Regiment 55 auf Jahnplatz, 1914

Literatur

  • Altenberend, Johannes, „Mars regierte die Stunde” – Der Kriegsausbruch 1914 im Bielefelder Gymnasium zwischen Euphorie, Skepsis und Ernüchterung, in: Ravensberger Blätter 2014, Heft 1, S. 9–21
  • Beckmann, Karl, Brackwede im Ersten Weltkrieg, in: Brackweder Heimatblätter 47 (2002), S. 30–51
  • Bendikowski, Tillmann, Sommer 1914. Zwischen Begeisterung und Angst. Wie Deutsche den Kriegsbeginn erlebten, München 2014
  • Eisenberg, Christiane, Julikrise und Kriegsausbruch 1914 im Spiegel der Bielefelder Presse, (Zwischenprüfungsarbeit Bielefeld, maschnsch.) 1977
  • Hirschfeld, Herhard/Gerd Krumeich/Irina Renz (Hg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn/München/Wien/Zürich 2009
  • Matthies, Wilhelm, Bielefeld im Ersten Weltkrieg. Zwischen Burgfrieden und Revolution, in: Andreas Beaugrand (Hg.), Stadtbuch Bielefeld 1214-2014, Bielefeld 2013, S. 102–105
  • Rath, Jochen, Der Kriegssommer 1914 in Bielefeld – Otto Zählers „Illustrierte Kriegschronik eines Daheimgebliebenen”, in: Ravensberger Blätter 2011, Heft 1, S. 1–17
  • Salchow, Peter, Am 2. August 1914 starb Erika Buddeberg: „das erste unschuldige Opfer dieses grossen Krieges”, in: Ravensberger Blätter 2014, Heft 1, S. 1–8
  • Schulte-Hobein, Jürgen, Kriegsbegeisterung oder Kriegsskepsis – Reaktionen auf den Beginn des Ersten Weltkriegs in Westfalen, in: Silke Eilers (Red.), An der „Heimatfront”. Westfalen und Lippe im Ersten Weltkrieg, Münster 2014, S. 21–33
  • Vogelsang, Reinhard, Geschichte der Stadt Bielefeld. Bd. 2: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, Bielefeld 1988

Online-Ressourcen

 

Erstveröffentlichung: 01.08.2014

Hinweis zur Zitation:
Rath, Jochen, 1. August 1914: Bielefeld und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld,
https://historischer-rueckklick-bielefeld.com/2014/08/01/01082014 , Bielefeld 2014

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