19. März 1887: Geburt des Lehrers und Bildhauers Karl Altenbernd

• Dagmar Giesecke, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek •

„Der bekannte Erzieher und Bildhauer, Rektor Karl Altenbernd, trat am 1. Oktober in den Ruhestand. Ueber 40 Jahre betreute er die Bielefelder Jugend, zuletzt als Leiter der Gellershagener Schule. Seine erzieherischen Fähigkeiten stellte er nach dem Zweiten Weltkrieg in den Dienst der Lehrerfortbildung. Als bildender Künstler hat sein Name in einer großen Gemeinde von Kunstfreunden einen guten Klang“, schrieb am 2. Oktober 1951 das Westfalen-Blatt.

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Karl Altenbernd in seinem Atelier bei der Erschaffung der Büste „Zorniger Knabe“ aus 500-jährigem Eichenholz, 1926. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 61-001-003

Als Sohn des Kaufmanns Friedrich Wilhelm Altenbernd wurde Karl Altenbernd am 19. März 1887 in Oerlinghausen als zweitjüngstes Kind von sechs Kindern geboren. Schon in sehr jungen Jahren malte er nach Vorlagen und modellierte kleine Tierplastiken beziehungsweise formte lebensgroße Porträts aus Gips. Sein Vater starb mit 51 Jahren, so dass die Mutter die Kinder allein groß ziehen musste. Gerne hätte Altenbernd sich beruflich der Kunst zugewandt und wäre Bildhauer geworden, aber seine Mutter bestand auf einem Beruf, von dem er sich auch ernähren könne. Er besuchte von 1894 bis 1901 die Mittelschule in Bielefeld und trat noch im selben Jahr in die Präparandenanstalt in Schildesche ein, um sich dort auf die Lehrerseminare vorzubereiten. Nach erfolgreichem Abschluss wechselte Karl Altenbernd nach Gütersloh und begann den zweiten Abschnitt seiner Lehrerausbildung. Im Juli 1907 erhielt er nach erfolgreicher Prüfung sein Entlassungszeugnis. Die besten Erfolge hatte er im künstlerischen Bereich vorzuweisen. Ihm wurde von der Verwaltung eine Lehrerstelle in Börninghausen, heute einem Ortsteil von Preußisch-Oldendorf, zugewiesen.

Während seiner Ausbildung zum Lehrer beschäftigte er sich in seiner Freizeit weiterhin intensiv mit der Zeichnung und Bildhauerei. 1904 führten ihn Studien zum Münchner Maler Kuhlmann, selber Schüler des bekannten Malers und Illustrators Wilhelm Diez. Sie dienten als Vorbereitung auf seine spätere Zeit an der Münchner Kunstakademie. Seinen Militärdienst leistete Altenbernd beim Landsturm. Im Dezember 1909 legt er seine zweite Lehrerprüfung ab. Ein knappes Jahr später endete seine Zeit in Börninghausen, da er zum 1. Oktober nach Stieghorst versetzt worden war. Damit verbunden war die Festeinstellung mit einem Jahresgrundgehalt von 1400 RM zuzüglich 233 RM für Wohnung und Feuerung.

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Rechenfibel 1–20 von Wilhelm Brinkmann und illustriert von Karl Altenbernd, 1925. Landesgeschichtliche Bibliothek, Sign. Sch 145 125

Lange sollte Altenbernds Lehrtätigkeit auch dort nicht dauern. Zum Schuljahr 1912 / 1913 wählte ihn der Bielefelder Magistrat als Lehrer und Pädagoge an die VII. Bürgerschule. Zwischen 1917 und 1919 nahm er wiederum Unterricht an der Bielefelder Kunstgewerbeschule. Seine Lehrer waren Ludwig Godewols und Franz Guntermann. Nach dem Ersten Weltkrieg stellte Karl Altenbernd ein Gesuch auf Beurlaubung an die Bielefelder Schuldeputation. „Auf Grund meiner Arbeiten wurde mir durch Beschluß sämtlicher Professoren der Dresdner Akademie der bildenden Künste angeraten, meine Fähigkeiten im Zeichnen und Malen durch ein gründliches Studium zur Entfaltung zu bringen.

Es würde daher beruflich von Vorteil für mich sein, wenn die Schuldeputation mich für die Zeit vom 1. Okt. 1919 – 1. Okt. 1920 vom Schuldienst beurlauben würde.”, geht aus Altenbernds Personalakte hervor. Er wurde Schüler des Bildhauers Selmar Werner und des Anatoms Dietrich. Zusätzlich besuchte er Vorlesungen sowohl an der Tierärztlichen als auch an der Technischen Hochschule. Aus wirtschaftlichen Gründen beende er seine Studien in Dresden und kehrte auf seine alte Lehrerstelle zurück.

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Karl Altenbernd beim Fertigen eines Aktes, um 1941. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 107,4/Kunsthalle, Nr. 26

Nach der „Machtübernahme“ 1933 leistete auch Karl Altenbernd seinen Eid auf „Den Führer“ und erklärte im August 1933, dass er nie Mitglied des Bundes der republikanischen Beamten gewesen sei. Gleichzeitig trat er dem „Nationalsozialistischen Lehrerbund“ bei, ein Jahr später der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“. 1934 wurde er Mitglied der „Reichskammer der bildenden Künstler“, später des „Reichsluftschutzbundes“ und des „Reichskolonialbundes“. In die NSDAP war er nicht eingetreten. In seinem Entnazifizierungsbogen schrieb er am 14. Mai 1945: „Von 1924 bis Mai 1933 war ich Mitglied einer hiesigen Freimaurerloge. Nach der Machtergreifung bereitete man mir auf künstlerischem Gebiet bei Beschickungen von Ausstellungen erhebliche Schwierigkeiten. Grundsätzlich wurde ich von Staatsaufträgen ausgeschlossen. Anfeindungen und gewollte Herabsetzungen meiner Fähigkeiten lösten bei mir einen Nervenzusammenbruch aus.“

Auf Grund seines Alters musste er 1939 nicht mehr an die Front. Im Juni 1940 fragte die Spinnereimaschinen-Fabrik Seydel & Co. beim Schulrat Arthur Meiners im Rathaus nach, ob es möglich wäre, dass der Lehrer Karl Altenbernd zwei Wochenstunden die Betreuung der Lehrlinge übernehmen könne, um sie in Deutsch, Rechnen und Weltanschauungslehre zu unterrichten. Der Schulrat hatte keine Bedenken. Inzwischen war er mit der stellvertretenden Schulleitung betraut. Kriegsbedingt hatte er nicht nur 30 Wochenstunden zu unterrichten, sondern war dauernd nebentätig mit dem Austragen von Lebensmittel- und Kleiderkarten und als Amtsträger im Luftschutz beschäftigt.

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Grabmal auf dem Sennefriedhof der Familie Graubner, geschaffen von Karl Altenbernd, Foto ca. 1953. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 83-003-137

Lehr- und Nebentätigkeit sowie seine künstlerischen Ambitionen wurden ihm zu viel und er bat den Schulrat im September 1941, ihn von der stellvertretenden Schulleitung zu entbinden. Zum 1. Januar 1944 sollte Karl Altenbernd bis zur Wiedereröffnung der Bielefelder Schulen an die Volksschule Gadderbaum wechseln. Mit dem Ende des Krieges endete auch dort seine schulische Tätigkeit. Beim Bombenangriff auf die Stadt am 30. September 1944 wurde seine Wohnung in der Bülowstraße 5 zerstört, so dass er mit seiner Familie in die Falkstraße umziehen musste. Beim Ausgleichsamt stellte er 1961 erfolgreich einen Antrag wegen seiner verlorenen Werke und Werkzeuge in seiner Tätigkeit als Künstler.

Im Sommer 1945 waren geeignete Pädagogen für den Schulunterricht wenig vorhanden, noch weniger solche, die geeignet waren, an dem in Zukunft herauszugebenden Schulmaterial mitarbeiten zu können. Karl Altenbernd, der schon in den 1920er Jahren Rechenfibeln illustriert hatte, wurde vom Regierungspräsidenten als Zeichner für neue Lehrbücher vorgeschlagen. „Zu diesem Zwecke ist es notwendig, daß er Studien und Naturaufnahmen macht. Das kann er jedoch nicht, wenn er weiterhin bei der Stadt vollbeschäftigt ist. Ich bitte daher, ihn bis zum Schulanfang […] für die genannten Arbeiten freizugeben. Da diese Tätigkeit im Interesse der Schule und der Schulkinder liegt, bitte ich ferner, diese Beschäftigungszeit der Lehrtätigkeit gleichzusetzen und ihm die entsprechende Gehaltszahlung […] zuzubewilligen.“

Nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ war er vorübergehend im Wohnungsamt eingesetzt und eine Stundenreduzierung wurde genehmigt. In die Ausbildung von Lehrkräften wurde er später ebenfalls eingebunden. Im September 1945 trat er sein Amt als Schulleiter an der Wellensiekschule an. Parallel erklärte er sich bereit, ebenfalls Religionsunterricht zu unterrichten, „in Übereinstimmung mit den Grundlehren der ev. Kirche“, zeigt ein weiteres Mal die Personalakte. Aber auch dort war er nur kurze Zeit. Im Dezember 1945 übernahm wieder der vorherige Rektor das Amt. Altenbernd kehrte zur Martinschule zurück. Zur Ruhe kommen sollte er aber auch dort nicht. Denn ab Januar des nächsten Jahres war er eingeplant, die Geschäfte der Gellershagenschule zu übernehmen, deren Rektor er 1947 wurde. Sein im Mai 1945 ausgefüllter Fragebogen zur Entnazifizierung wurde am 9. Februar 1948 positiv beurteilt und er war damit entlastet.

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Todesanzeige für Karl Altenbernd vom 1. Juli 1967 in der Freien Presse. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,1/Westermannsammlung, Nr. 102, Bd. 1

Seinen Eintritt in den Ruhestand sollte Karl Altenbernd am 19. März 1952 erreichen. Aus gesundheitlichen Gründen beantragte er schon im Sommer 1951 seine vorgezogene Pensionierung zum Oktober desselben Jahres und trat diese auch an. Da sein Leben immer auch der Kunst gehörte, widmete er sich dieser von nun an umso intensiver. Stand er in jungen Jahren eher dem Expressionismus nahe, entdeckte er mit zunehmendem Alter den „Realismus“. Neben seiner schöpferischen Tätigkeit arbeitete er an seinem Werkverzeichnis.

Er starb am 29. Juni 1967 in Bielefeld und hinterließ ein breites künstlerisches Vermächtnis mit mehr als 183 plastischen Arbeiten, circa 1000 Handzeichnungen, einigen Glasfenster und diversen Ölbildern. Heute befinden einige seiner Werke in der Bielefelder Kunsthalle, auf dem Sennefriedhof und im Senner Osthusmuseum.

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 103,4/Personalakten, Nr. 3
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 107,4/Kunsthalle, Nr. 1, Nr. 26
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,5/Ausgleichsamt, Nr. 11511
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,1/Westermannsammlung, Nr. 102, Bd. 1
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 61-001-003, Nr. 83-003-137

Literatur

  • Heinrich Becker, Bielefelder Künstlerbiographien. Ein Nachschlagewerk, 1965
  • Wilhelm Brinkmann, Rechenfibel 1 – 20 mit IIlustrationen von Karl Altenbernd, 1925

Erstveröffentlichung: 01.03.2012

Hinweis zur Zitation:
Giesecke, Dagmar, 19. März 1887: Geburt des Lehrers und Bildhauers Karl Altenbernd, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld,
https://historischer-rueckklick-bielefeld.com/2012/03/01/01032012/, Bielefeld 2012

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