• Bernd J. Wagner, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek •
Am 1. Dezember 1898 übernahm Carl Brüggemann die Leitung des im Aufbau befindlichen Elektrizitätswerkes und der geplanten Bielefelder Straßenbahn. Zunächst auf Probe für ein Jahr, wie es in seinem Anstellungsvertrag hieß, aber seine Tätigkeit in Bielefeld sollte fast drei Jahrzehnte dauern und das Stadtbild nachhaltig prägen. Mit Brüggemann kam ein hochqualifizierter Techniker nach Bielefeld, der bereits auf eine bemerkenswerte berufliche Karriere zurückblicken konnte.

Carl Brüggemann, am 25. Juli 1864 in Gerstheim im Elsass geboren, besuchte bis 1887 das humanistische Gymnasium in Straßburg, studierte nach Absolvierung seines einjährigen Militärdienstes an der Technischen Hochschule in Aachen acht Semester Maschinenbau und Elektrotechnik und schloss sein Studium 1892 mit der Diplomprüfung ab. Als Diplomingenieur wurde ihm erstmals in der Geschichte der Technischen Hochschule Aachen eine Assistentenstelle für Elektrotechnik übertragen. Gleichzeitig arbeitete er als „consultierender Ingenieur” bei der Aachener Kleinbahn-Gesellschaft, die zu dieser Zeit den elektrischen Betrieb eingeführt hatte. Im Sommer 1893 wurde er von seinen Hochschulpflichten freigestellt und besuchte „auf Veranlassung des Statthalters von Elsass-Lothringen” die Weltausstellung in Chicago, um, wie Brüggemann berichtete, „die bedeutendsten elektrotechnischen Werke kennen zu lernen”. 1895 erhielt er seine erste Festanstellung außerhalb der Hochschule: Er wurde Städtischer Ingenieur in Aachen und übernahm die Kontrolle über das Elektrizitätswerk, die Leitung der maschinellen Betriebe auf dem Schlachthof und in den Bädern sowie die Projektleitung und Überwachung der Zentralheizungsanlagen. Die Tätigkeit übte er nur 15 Monate aus. 1896 zog er nach Kassel, wo er die Betriebsleitung des Elektrizitätswerkes erhielt, das unter seiner Aufsicht „als Erweiterung des bestehenden Lichtwerkes und als Kraftstation für die Straßenbahn” aufgebaut wurde. Aus Enttäuschung, dass nach Fertigstellung dieses „von unabhängigen Gutachtern” gelobten und als Vorbild für andere Städte gepriesenen Werkes ihm nicht die generelle Leitung des Betriebsamtes übertragen wurde, sondern der Direktor der Gasanstalten ihm vorgesetzt wurde, kündigte Brüggemann seine Stellung nach kaum einem Jahr, weil sie ihm „nicht genügend Selbständigkeit bot”. Im Mai 1897 wurde er Betriebsdirektor der Lenne-Elektrizitäts- und Industriewerke Plettenberg. Auch dort zeichnete er für den Aufbau eines Elektrizitätswerkes verantwortlich. Als Brüggemann sich auf die Bielefelder Stelle bewarb, war er in Plettenberg „neben zwei bei der Gründung der Gesellschaft gewählten Vorstandsmitgliedern als Procurist Betriebsdirektor und sollte von Herbst ab alleiniges selbständiges Vorstandsmitglied werden.” Da er aber beabsichtigte, eine „dauernde Stellung […] zu gründen”, zog er „eine städtische einer solchen bei einer Actien-Gesellschaft in einem kleineren Orte vor”.

Brüggemann war nicht nur ein gefragter, kompetenter Ingenieur, er war auch ein selbstbewusster Mann, der wusste, was er wollte. Als seine Probezeit in Bielefeld sich dem Ende zuneigte, teilte er dem Magistrat mit, dass er nach seiner „definitiven Anstellung als Director des Electricitätswerkes und der Straßenbahn der Stadt Bielefeld” die technische und geschäftliche Leitung des gesamten Unternehmens „nach einer noch näher festzusetzenden Verwaltungsordnung” ausüben werde. Und er ließ keine Zweifel darüber aufkommen, wie diese Verwaltungsordnung mit ihm als Direktor aussehen sollte. Zunächst forderte er, dass die Verwaltung des Elektrizitätswerkes und der Straßenbahn von den anderen technischen Abteilungen der Stadt getrennt und unabhängig geführt werden müsse. Als Direktor wollte er nur den Oberbürgermeister als Vorgesetzten haben, dem Beleuchtungs- und Verkehrsausschuss als ständiges stimmberechtigtes Mitglied angehören sowie an allen Sitzungen des Magistrats und der Stadtverordneten teilnehmen, „in welchen wichtige Angelegenheiten des Electricitätswerkes oder der Straßenbahn verhandelt werden”; Beamte anderer technischer Abteilungen wollte Brüggemann nicht akzeptieren, wenn es um sein Ressort ging. Überdies beanspruchte er das Recht, Beamte und Arbeiter, deren Jahresverdienst 2000 Mark nicht überschritt, „mit Rücksicht auf die Erfordernisse des Betriebs” unabhängig von städtischen Gremien einstellen und, „wenn sie sich als ungeeignet erweisen”, auch entlassen zu können. Und letztlich forderte er, dass das „Rechnungs- und Kassenwesen” des Elektrizitätswerkes und der Straßenbahn „von den übrigen der städtischen Verwaltung getrennt und nach kaufmännischen Grundsätzen geführt” werde. Sämtliche Forderungen Brüggemanns bzw., wie er es nannte, „als wesentlich in Betracht kommenden Puncte” der notwendigen Verwaltungsordnung versah der Magistrat mit Fragezeichen und ließ sie gründlich prüfen. Mehrere Stadtverwaltungen wurden angeschrieben und nach den Rechten der Direktoren technischer Betriebsämter befragt. Die Antworten waren eindeutig: Brüggemanns „wesentliche Punkte” standen im Einklang mit der von ihm geforderten Kompetenz und Verantwortung über einen neuen und zukunftsweisenden technischen Kommunalbetrieb. Als geschäftsführendem Direktor wurde ihm sogar nun auch die Oberleitung des Gaswerkes übertragen. Der Festanstellung stand nun nichts mehr im Weg. Carl Brüggemann erlebte als Direktor des Gas- und Elektrizitätswerkes sowie der Straßenbahn bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges eine Phase rasanten Aufschwungs, verbunden mit einer Expansion in allen technischen Betrieben. Als 1910 ihm zusätzlich das Wasserwerk unterstellt wurde, erhielten die technischen Versorgungsbetriebe einen gemeinsamen Namen: Städtisches Betriebsamt. Der besonderen Position Brüggemanns trug der Magistrat bereits im Jahr zuvor Rechnung: Am 7. Juli 1909 wurde er als besoldeter Stadtrat eingeführt.

Die Anfänge des Elektrizitätswerkes, das 1899 seinen Betrieb „ganz nach seinen Plänen und Ideen” aufnehmen konnte, waren sicher bescheiden und noch anfällig gegenüber kleinsten Schwankungen des Marktes. So konnte zwar die Anzahl der Neuanschlüsse von Jahr zu Jahr zum Teil erheblich gesteigert werden, als aber 1901 eine gesetzliche Bestimmung den Ladenschluss auf 21 Uhr festlegte, übte diese noch „einen stark bemerkbaren ungünstigen Einfluss” auf den „Stromverbrauch für Beleuchtungszwecke” aus; die Stadt war eben dunkel, wenn die Geschäfte schlossen. Außer privaten Haushaltungen und den Installationen von Glühlampen für die Straßenbeleuchtung sorgte vor allem die Industrie für eine „außerordentliche Zunahme des Stromverbrauchs”. Vor dem Hintergrund, dass in Bielefeld 1905 erst 65 Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von 719 PS angeschlossen waren, stellte Brüggemann fest: „Die steigende Anwendung des elektrischen Antriebes ist ohne Zweifel darauf zurückzuführen, dass in den zuerst damit versehenen hiesigen Anlagen die großen Vorzüge desselben bald erkannt wurden, so dass die daran interessierten Kreise bei Neuanlagen diesen immer mehr einem andern Antrieb vorzogen oder in bestehenden Anlagen einen weniger praktischen und wirtschaftlichen durch den elektrischen ersetzen.” Seine Euphorie lag darin begründet, dass, im Vergleich zum Vorjahr, die Anzahl der Motoren zwar nur um zehn Prozent, die Gesamtleistung dagegen um 30 Prozent gestiegen war und somit auch eine starke Zunahme der für Kraftzwecke abgegebenen Kilowattstunden verbunden war. Diese expansive Entwicklung hielt an. Im April 1908 musste das Elektrizitätswerk erstmals vergrößert werden. Eine neue Dampfturbine von 1200 PS mit Dynamo und Kondensationsanlage wurden installiert, die bereits im Winter 1908/09 neben der bestehenden Anlage „täglich mehrere Stunden voll belastet in Betrieb” war. 1911 wurde zudem mit dem Bau eines neuen Drehstromwerks begonnen, das im Sommer 1912 erstmals Kraftstrom für Elektromotoren lieferte. Die Expansion beschränkte sich aber nicht nur auf das Stadtgebiet: „Mit einer aus Einwohnern der Gemeinde Sieker gebildeten Gesellschaft” wurde 1908 „ein Vertrag für die Lieferung von Energie für Licht- und Kraftzwecke abgeschlossen, nach welchem die Energie an der Stadtgrenze abgegeben und gemessen” werden sollte. Während das Bielefelder Elektrizitätswerk die Leitungen bis zur Stadtgrenze legte, nahm die Gesellschaft die „Herstellung und Instandhaltung des Leitungsnetzes auf dem Gebiete der Gemeinde Sieker” selbst in die Hand.
Mit dem Gaswerk war Brüggemann für einen weiteren Bereich der Energieversorgung verantwortlich, das freilich bereits 1856 von der Stadt gegründet worden war. Um die „Billigkeit und Bequemlichkeit” des Gases bekannt zu machen und damit den Kreis der Gasverbraucher zu erhöhen, ging Brüggemann neue Wege. 1910 wurde eine in Dessau ausgebildete Lehr- und Werbedame eingestellt, die Hausfrauen in ihren Wohnungen besuchte und „über die vorteilhafteste Verwendung des Gases” in Bielefeld als auch im Landkreis unterrichtete. Darüber hinaus wurden auch spezielle Kurse für Dienstboten, Schülerinnen eines technischen Seminars und der Mädchenmittelschulen angeboten. Und nicht zuletzt schenkte das Gaswerk der neu gegründeten Luisenschule einen Lehrgasherd. Die Nachfrage nach diesen Kursen war so groß, dass 1913 „in nächster Nähe der städtischen Markthallen” am Kaiser-Wilhem-Platz, dem heutigen Kesselbrink, in einem städtischen Haus eine Lehrküche eingerichtet wurde, „die sowohl zur Erteilung von praktischem Kochunterricht wie zur Abhaltung von Vorträgen im kleineren Kreise (etwa 30 Personen) fleißig benutzt” wurde. Brüggemann verstand diese Maßnahmen als Investition in die Zukunft. Während ältere Frauen der „neuen” Technik skeptisch gegenüberstanden und weiterhin an den Kohleherden festhielten, konnten die jungen Mädchen als zukünftige Hausfrauen und Verbraucherinnen von den Vorzügen des Gasherdes überzeugt werden.

Neben dem Elektrizitätswerk war die Straßenbahn jene technische Innovation, für die Brüggemann durch seine leitenden Tätigkeiten in Kassel und Plettenberg besonders ausgewiesen war, die aber vor allem von den Bielefeldern besonders wahrgenommen wurde. Mit der Straßenbahn konnten die weiten Wege von Brackwede oder Schildesche in die Innenstadt nicht zuletzt für Arbeiter kostengünstig überwunden werden. 1900 wurde die Straßenbahnlinie von Brackwede über den Jahnplatz bis zum Rettungshaus, dem heutigen Johannisstift, in Betrieb genommen und im darauf folgenden Jahr bis nach Schildesche erweitert. Die Bahnen fuhren anfangs im 15-Minuten-Takt, der aber längst nicht ausreichte und 1901 auf unglaubliche 7,5 Minuten verkürzt wurde. Da die Schienen zum Teil einspurig verlegt waren, mussten Weichen mit Ausweichschienen verlegt werden, um den Gegenverkehr störungsfrei durchführen zu können. Zudem war der Ankauf von vier weiteren „Motorwagen” notwendig. Außer der Fertigstellung der Nord-Süd-Verbindung begannen 1901 die Gleisarbeiten für die Linie 2, die vom Hauptbahnhof nach Sieker führen sollte und noch im gleichen Jahr den Betrieb aufnahm. 1909 mussten wegen des Neubaus des „Empfangsgebäudes am Staatsbahnhof[s]”, gemeint war natürlich der Hauptbahnhof, die Straßenbahngleise verlegt und gleichzeitig erneuert werden. Die kurzen Taktzeiten machten zudem einen vollständigen doppelgleisigen Ausbau in der Gütersloher Straße notwendig.

1913 nahm sich das städtische Betriebsamt einen weiteren Ausbau des Gleisnetzes vor. Die stark angewachsene Bevölkerung im Bielefelder Westen rund um den Bürgerweg, der späteren Stapenhorststraße sowie im Bielefelder Osten rund um Kaiser- und Oelmühlenstraße machten eine Ost-West-Verbindung erforderlich, die von der Bossestraße über den Jahnplatz bis zur Oststraße führen sollte. Am 25. März 1914 wurden die Kosten für die Gleis- und Leitungsanlagen sowie für acht Motorwagen in Höhe von 600.000 Mark durch einen Beschluss der Stadtverordneten bewilligt. Mit den Bauarbeiten sollte am 2. August 1914 begonnen werden. Doch es kam anders. Obwohl alle Vorarbeiten im Juli 1914 abgeschlossen waren und die Schienen und Weichen fertig auf dem Lagerplatz der Georgsmarienhütte zur Abholung bereit lagen, musste das Projekt wegen der Mobilmachung gestoppt werden. Arbeiter wurden eingezogen, Baustoffe fehlten und das bereits für die Oberleitungen gelieferte Kupfer wurde „für Heereszwecke beschlagnahmt”. 1915 ging Brüggemann noch davon aus, dass mit den Arbeiten nach dem Krieg begonnen werden könnte. Der Bielefelder Westen sollte aber erst 85 Jahre später im Jahr 2000 mit der Linie 4 an das Stadtbahnnetz angeschlossen werden.
Für das städtische Betriebsamt schwerwiegender war die Rekrutierung von ausgebildeten Arbeitern zum Militärdienst, die kaum ersetzt werden konnten. Bereits im August 1914 wurden drei Obermaschinisten des Elektrizitätswerkes, mehrere Meister und der größte Teil der Maschinisten, Heizer und Handwerker eingezogen. Besonders hart traf es den Straßenbahnverkehr. Von 110 Straßenbahnfahrern und Schaffnern wurden innerhalb der ersten 14 Tage 70 rekrutiert und zu Beginn des Jahres 1915 waren „von dem alten Bestand [nur] noch 20 Leute vorhanden.” Auch die Betriebsleitung der einzelnen Werke war gefährdet, weil von den vier Ingenieuren drei eingezogen wurden. Der Personalschwund konnte anfangs mit „älteren Jahrgängen des Landsturmes” kompensiert werden, aber auch diese Männer mussten über kurz oder lang ihren Kriegsdienst leisten. Seit 1916 stellte das Betriebsamt deshalb Frauen als Schaffnerinnen und ein Jahr später auch als Straßenbahnfahrerinnen ein. Die „überwiegende Beschäftigung von Frauen im Betrieb” sowie der „Mangel an Facharbeitern und Betriebsstoffen” und nicht zuletzt „die Verwendung minderwertiger Ersatzmaterialien” machten sich, laut Brüggemann, „überall sehr ungünstig bemerkbar”.

Außer den kriegsbedingten Personalproblemen bereiteten Carl Brüggemann der erhebliche Rückgang an Investitionen und kaum zu übersehene Reparaturstau in allen Bereichen große Sorgen. Wegen Material- und Fachkräftemangels konnten die Leitungsnetze im Landkreis Bielefeld nur mit erheblicher Verzögerung ausgeführt werden, manche Gemeinden, wie beispielsweise Lämershagen, mussten bis zum Kriegsende warten. Vor allem im Straßenbahnverkehr konnten Reparaturen nur mit größten Schwierigkeiten durchgeführt werden. Aufgrund des fehlenden Personals mussten zwar einerseits die Taktzeiten verlängert werden, die hohe Fahrgastzahl erforderte jedoch den verstärkten Einsatz von Anhängern selbst bei „nicht geeigneten schwächeren Triebwagen” verbunden „mit nicht zu vermeidenden Überlastungen der Wagen”. Mit den zurückgekehrten Soldaten konnten 1918/19 die Arbeitsplätze im Betriebsamt wieder mit Facharbeitern, Handwerkern und Ingenieuren besetzt, Reparaturen vorgenommen und Investitionen an der Schildescher Straße und im Leitungsnetz vorgenommen werden. Obwohl die Wachstumskurve nach oben zeigte, erwirtschaftete das Betriebsamt wegen der schnell einsetzenden Inflation kaum Überschüsse, selbst als die Tarife erhöht wurden. Das war zum Beispiel 1921 der Fall, als eine drastische Fahrpreiserhöhung vorgenommen wurde, die nach Brüggemann aber längst nicht ausreichte: Statt 50, 75 und 100 Pfennig mussten nun 100, 150 und 200 Pfennig gezahlt werden. Brüggemann erklärte: „Ein Verkehrsunternehmen ist nicht, wie die meisten Unternehmungen in der Industrie und im Handel in der Lage, die Steigerung der Ausgaben jederzeit durch entsprechende Einnahmen oder Fahrpreiserhöhungen auszugleichen. Der Erfolg einer Fahrpreiserhöhung steht im engen Zusammenhang mit der Geldentwertung, die einer Verarmung des Volkes gleichkommt und es dazu zwingt, nicht notwendige Ausgaben zu unterlassen. Jede Steigerung des Fahrpreises zieht daher eine Abwanderung nach sich”. Die Inflation erreichte mit aberwitzigen Geldwerten im Herbst 1923 ihren Höhepunkt. Als mit der Einführung der Rentenmark die deutsche Wirtschaft stabilisiert werden konnte, fehlten dem Betriebsamt die Reserven für weitergehende Investitionen. So beschlossen zwar die Stadtverordneten im Dezember 1924 eine neue West-Ost-Verbindung, die von der Langen Straße und Jöllenbecker Straße über den Jahnplatz bis zur Oelmühlenstraße und Oststraße führen sollte, aber aufgrund der „allgemeinen Geldknappheit” war es jahrelang nicht möglich, das Projekt zu realisieren. Erst im Mai 1927 konnte mit dem Bau begonnen und im Januar 1928 die neue Linie 3 eingeweiht werden.

Zu diesem Zeitpunkt war Carl Brüggemann, der 1924 zum Generaldirektor befördert worden war, bereits aus dem Dienst geschieden. Im August 1926 bat er, zum 1. Januar 1927 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt zu werden. Seine Gesundheit habe „in den letzten Jahren so sehr gelitten”, teilte er dem Leiter des Betriebsausschusses, Dr. Paul Prieß, mit, „dass ich fernerhin nicht mehr im Stande bin, die Arbeit zu leisten und die Verantwortung zu tragen, die von dem Leiter der städtischen Werke verlangt werden müssen, wenn seine Tätigkeit erfolgreich sein soll.” Seinem Antrag wurde entsprochen. Oberbürgermeister Dr. Rudolf Stapenhorst dankte Brüggemann „für die Dienste”, die er der Stadt geleistet hatte: „Die städtischen Körperschaften wissen es zu würdigen, dass es vorzugsweise Ihr Verdienst ist, wenn Bielefeld vielleicht die einzige Stadt ist, welche sämtliche Versorgungs- und Verkehrsanlagen ganz zu eigen besitzt, sie selbst gebaut hat und selbst betreibt, dass unsere Werke technisch und wirtschaftlich einen anerkannten Höchststand haben und eine starke Stütze für die Gemeindewirtschaft sind.” Damit er der Bürgerschaft in „dankbarer Erinnerung” bliebe, sollte eine neue Straße in unmittelbarer Nähe zum Werksgelände „Brüggemann-Straße” genannt werden. Wenige Wochen nach seiner Pensionierung zog Brüggemann mit seiner Frau nach Wiesbaden, wo er am 19. November 1936 im 73. Lebensjahr nach langer, schwerer Krankheit verstarb. Am 25. November wurde er im Rahmen einer Trauerfeier auf dem Sennefriedhof beigesetzt.
Quellen
- Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 103,4/Personalakten, Nr. 95: Carl Brüggemann (1891-1909)
- Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 103,4/Personalakten, Nr. 96: Carl Brüggemann (1910-1943)
- Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen: Bielefelder Generalanzeiger, Westfälische Zeitung, Westfälische Neueste Nachrichten
- Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung
- Jahresberichte über das Gaswerk, das Elektrizitätswerk und die Straßenbahn der Stadt Bielefeld (1901- März 1910); (Landesgeschichtliche Bibliothek, Z 40/ Bie 12)
- Jahresbericht des Städt. Betriebsamts Bielefeld. Gas- Wasser-, Elektrizitätswerk und Straßenbahn (April 1910 – Dezember 1924); (Landesgeschichtliche Bibliothek, Z 40/ Bie 12)
- Jahresbericht des Städt. Betriebsamts Bielefeld. Gas- Wasser-, Elektrizitätswerk, Straßenbahn und Kraftwagenbetrieb (1925-1928); (Landesgeschichtliche Bibliothek, Z 40/ Bie 12)
- Jahresbericht über den Stand und die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten der Stadt Bielefeld (1898-1927); (Landesgeschichtliche Bibliothek, Z 40/ Bie 6)
- Carl Brüggemann, Elektrizitätswerk und Straßenbahn der Stadt Bielefeld. Bericht über den Bau und den Betrieb in den Jahren 1899-1904, Bielefeld 1904 (Landesgeschichtliche Bibliothek, W 75/50)
- Carl Brüggemann, Das Gaswerk der Stadt Bielefeld von 1856-1906, Bielefeld 1906 (Landesgeschichtliche Bibliothek, W 75/4)
Literatur
- Jürgen Büschenfeld (Hg.), Netz/Werk/Stadt. Aufbruch in ein neues Zeitalter, Bielefeld 2000
- Heinrich Gräfenstein, Peter Stuckhard (Hg.), Damit es hell und warm ist. Geschichte der Stadtwerke Bielefeld, Bielefeld 2000
- Heidrun Winkler, Die Stadtwerke. Energieversorgung für Bielefeld, in: Industriearchitektur in Bielefeld. Geschichte und Fotografie, hg. v. Florian Böllhoff, Jörg Boström, Bernd Hey, Bielefeld 1986, S. 108-117
Erstveröffentlichung: 01.12.2008
Hinweis zur Zitation:
Wagner, Bernd J., 1. Dezember 1898: Carl Brüggemann wird Leiter des
Elektrizitätswerkes und der Straßenbahn, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek, https://historischer-rueckklick-bielefeld.com/2008/12/01/01122008/, Bielefeld 2008